Berufung gegen erstinstanzliche Urteile

Urteile des Amtsgerichts und des Landgerichts können grundsätzlich mit der Berufung angegriffen werden. Das nächsthöhere Gericht überprüft dann das ergangene Urteil. Die Berufung ist aber nur dann zulässig, wenn man in Höhe von mindestens 600 Euro unterlegen ist oder das Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, die Berufung im Urteil ausdrücklich zulässt.

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Achtung:

Handelt es sich um ein sogenanntes erstes Versäumnisurteil, dann ist eine Berufung nicht statthaft. Vielmehr kann man dagegen binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Über den Einspruch entscheidet dann das bislang zuständige Gericht selbst.[/themify_box]

Die Berufung gegen Urteile des Amtsgerichts richtet sich an das Landgericht – außer bei Entscheidungen des Familiengerichts: Dort ist immer das Oberlandesgericht zuständig. Urteile des Landgerichts werden vom Oberlandesgericht überprüft.

Prüfungsumfang der Berufung

Bei der Berufung ist das Berufungsgericht nach der Neuregelung ab 01. Januar 2002 an die Feststellungen der ersten Instanz gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO. Neue Tatsachen können nur eingeschränkt berücksichtigt werden, § 529 Abs.1 Nr.2 ZPO.

Ist eine Berufung ausnahmsweise nicht möglich und wurde in entscheidungserheblicher Weise der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, kann das entscheidende Gericht selbst auf eine entsprechende Rüge der Partei den Rechtsstreit fortführen und neu entscheiden, § 321a ZPO.

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 Achtung:

Der Antrag muss innerhalb von nur zwei Wochen gestellt werden![/themify_box]

Revision gegen Berufungsurteile

Die Revision richtet sich gegen das Urteil eines Berufungsgerichts (und in Ausnahmefällen direkt gegen ein erstinstanzliches Urteil): sie ist nur zulässig, wenn sie durch das Berufungsgericht oder das Revisionsgericht zugelassen wird. Sie dient der Rechtsvereinheitlichung über den einzelnen Fall hinaus. Die in den Vorinstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind dabei nur noch in geringem Umfang angreifbar, § 559 ZPO. Schwerpunkt ist die Rechtsprüfung. Das Verfahren ist kompliziert. Revisionsgericht ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Anwaltszwang und Frist für Berufung und Revision

In jedem Fall benötigt man für eine Berufung oder Revision einen Anwalt. Wichtig ist, dass diese Rechtsmittel durch einen Rechtsanwalt innerhalb von einem Monat ab Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe beim Berufungs- oder Revisionsgericht eingelegt werden müssen – man muss sich also zügig an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin wenden, damit er oder sie die Erfolgsaussichten einer Berufung oder Revision rechtzeitig prüfen und entscheiden kann, ob eine Berufung oder Revision Sinn macht.

Als Zeitpunkt der Zustellung gilt schon z.B. die Niederlegung bei der Post und Mitteilung an den Zustellungsempfänger, unabhängig davon, wann das Schriftstück abgeholt wird!

Auch für die Berufung oder Revision kann man Prozesskostenhilfe bekommen, wenn man die Kosten nicht aufbringen kann und die Berufung oder Revision Erfolgsaussicht hat.

Vollstreckungsgegenklage statt Berufung

Ist das Urteil erst später durch neue Umstände scheinbar “falsch” geworden, weil man beispielsweise die Forderung nach dem Urteil erfüllt hat und die Zwangsvollstreckung dennoch fortgeführt wird, ist eine Berufung oder eine Revision der falsche Weg. Das betreffende Urteil ist nämlich damals zu Recht ergangen. In diesem Fall muss man selbst bei dem damals entscheidenden Gericht eine sogenannte Vollstreckungsgegenklage erheben und die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären lassen. Ein Rechtsmittel gegen das damalige Urteil bliebe ohne Erfolg.

Man sollte aber auf jeden Fall vorher klären, ob nicht lediglich ein Missverständnis vorliegt und der Gläubiger nur übersehen hat, dass die Zahlung bereits eingegangen ist.

Zwangsvollstreckung trotz Berufung etc.

Die Berufung (oder sonstige Rechtsmittel) hindert die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil grundsätzlich nicht. Auch wer Berufung einlegt, muss zunächst einmal dem angegriffenen Urteil Folge leisten. Auch aus noch nicht rechtskräftigen (unanfechtbaren) Urteilen kann regelmäßig die Zwangsvollstreckung betrieben werden.

Auf Antrag kann die Zwangsvollstreckung jedoch auch einstweilig eingestellt werden. Häufig wird eine derartige einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aber nur gegen Sicherheitsleistung des Antragstellers angeordnet. Das bedeutet, dass – entsprechend der getroffenen Anordnung – der Antragsteller vor der Vollstreckung eine erhebliche Geldsumme hinterlegen muss, um die Zwangsvollstreckung einstweilig abzuwenden. Diese Summe ist in der Regel wegen der Kosten und Zinsen höher, als sich unmittelbar aus der Verurteilung ergibt. Die Sicherheit kann aber auch in anderer geeigneter Form als durch Zahlung gestellt werden, z.B. durch eine Bank- oder Sparkassenbürgschaft.

Wer nicht in der Lage ist, eine Sicherheit zu stellen, sollte dies mit dem Antrag glaubhaft machen. In bestimmten Ausnahmefällen ist nämlich die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung möglich.